Vor kurzem erlebte ich mit meinem Sohn (8) einen dieser wertvollen Alltagsmomente, die mich innehalten lassen.
Er sah mich ernst an und sagte:
„Mama, das ist Erpressung.“
Meine spontane Antwort lautete:
„Nein, das ist ein Vorschlag!“
Und genau dieser kleine Dialog hat in mir etwas angestoßen.
Das feine Gespür der Kinder
Was mich bewegte, war nicht der Begriff „Erpressung“ an sich, sondern die Klarheit, mit der er den unterschwelligen Druck benannte, den er wahrgenommen hatte. Ich bin mir dessen sehr bewusst, dass Worte nie neutral sind – sie tragen immer die Energie unserer Haltung.
Obwohl ich formal vielleicht eine „Bitte“ ausgesprochen hatte, war mein inneres Erleben offenbar von Erwartung gefärbt. Mein Sohn spürte diese Spannung sofort – und hielt sie mir mit einem einzigen Wort vor Augen.
Zwischen Bitte und Forderung – die Haltung entscheidet
Als jemand, der seit Jahren mit der GFK lebt, weiß ich: Die Differenz zwischen Vorschlag und Forderung liegt nicht in der Grammatik, sondern in der inneren Bereitschaft, ein „Nein“ willkommen zu heißen.
In jener Situation hatte ich zwar das Wort „Vorschlag“ benutzt, doch erst die ehrliche Selbstreflexion zeigte mir, dass mein Inneres (noch) nicht ganz offen war. Ich wollte ein bestimmtes Ergebnis – und mein Sohn hörte genau das.
Diese Erfahrung hat mir erneut vor Augen geführt, wie konsequent Kinder unsere innere Authentizität spiegeln. Sie unterscheiden nicht zwischen Worten und Haltung – sie spüren sofort, ob Raum für echte Wahlfreiheit da ist.
Karmische Resonanz im Alltag
Aus karmischer Perspektive erkenne ich, wie fein die Samen sind, die wir in unseren Familien aussäen.
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Druck nährt Widerstand.
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Offenheit nährt Vertrauen.
Mein Sohn hat mich in diesem Moment erinnert, dass selbst subtile Schwingungen Folgen haben. Wenn ich wirklich einen „Vorschlag“ mache, dann nicht nur mit Worten, sondern aus einem inneren Zustand von Leichtigkeit. Nur dann kann Vertrauen entstehen – und nur dann wirkt das, was ich anbiete, wie eine Einladung und nicht wie ein verkleidetes Muss.
(Andere) Beispiele für eine Haltung der Einladung im Familientrubel
In meiner täglichen Praxis erlebe ich immer wieder, wie hilfreich es ist, Formulierungen bewusst aus der eigenen Bedürfniswelt heraus zu gestalten – und dabei die Autonomie des Kindes zu ehren. Einige Beispiele, die mich selbst immer wieder an diese Haltung erinnern:
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Erwartungsvoll: „Wenn du dein Zimmer nicht aufräumst, gibt’s heute kein Tablet.“
Einladend: „Mir ist Ordnung wichtig, weil ich dann Ruhe finde. Ich wünsche mir, dass du dein Zimmer aufräumst. Magst du mitbestimmen, wie wir es gemeinsam anpacken?“ -
Kontrollierend: „Iss dein Gemüse, sonst gibt’s keinen Nachtisch.“
Verbindend: „Ich möchte, dass dein Körper Energie bekommt. Such dir aus, welches Gemüse dich heute am meisten anspricht.“ -
Drängend: „Beeil dich, sonst kommen wir zu spät!“
Partnerschaftlich: „Pünktlichkeit gibt mir Ruhe. Was könnte dir helfen, schneller fertig zu werden?“ -
Fordernd: „Mach jetzt deine Hausaufgaben, sonst …“
Begleitend: „Ich sehe deine Müdigkeit. Mir ist wichtig, dass die Hausaufgaben erledigt werden. Wollen wir kurz Pause machen und dann gemeinsam starten?“
Diese Sätze sind für mich weniger eine Technik als eine innere Erinnerung: Sprich dein Bedürfnis klar aus – und halte das Feld offen für die Freiheit des anderen.
Reflexion statt Perfektion
Dieser kleine Moment mit meinem Sohn hat mir erneut gezeigt: Es geht nicht darum, makellos zu kommunizieren. Auch langjährige GFK-Praxis befreit nicht von inneren Erwartungen oder alten Mustern. Der Unterschied ist vielleicht, dass wir sie schneller bemerken – und uns ein Kind liebevoll-spiegelnd daran erinnert.
Für mich ist es ein Geschenk, dass mein Sohn so ungeschminkt benennt, was er spürt. Seine Worte haben mich tiefer in die Frage geführt:
Wann sind meine Vorschläge wirklich Vorschläge – und wann getarnte Forderungen?
Einladung zum gemeinsamen Üben
Vielleicht können wir uns gegenseitig inspirieren, im Alltag immer wieder innezuhalten, die eigene Haltung zu überprüfen und das Feld für echte Wahlfreiheit zu öffnen.
Denn am Ende sind es genau diese Momente, die die Samen von Vertrauen, Verbundenheit und Leichtigkeit säen – in unseren Familien und weit darüber hinaus.
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