Rollenklarheit – wo Rollen nicht enden, sondern sich begegnen

 

Rollenklarheit – ein Thema, das mich schon lange begleitet. Spätestens mit dem Beginn meiner Mutterrolle hat es eine neue Tiefe bekommen. Seitdem ist es ein ständiger Prozess, ein Weg, auf dem ich immer wieder neu sortiere, abwäge, dazulerne. Denn Rollen sind nicht starr. Sie entwickeln sich mit mir – und ich mit ihnen.

 

Einer dieser Momente, in denen vieles zusammenkam, war eine Abendveranstaltung vor ein paar Tagen, bei der ich als Vorstandsvorsitzende vom Zentrum Gewaltfreie Kommunikation Thüringen e.V. sprach. Es ging um Fördergelder – um das Überzeugen, das Gewinnen von Stimmen, das Einstehen für etwas, das mir am Herzen liegt.

 

Mein Sohn war dabei. Acht Jahre alt, das einzige Kind im Raum. Und während ich am Redepult stand und sprach, suchte er plötzlich Nähe. Ich spürte, wie ihn die ungewohnte Situation bewegte – meine Rede, das Publikum, die späte Stunde. Also nahm ich ihn in den Arm. Auf der Bühne. Öffentlich. Ganz bewusst. Und während ich sprach, legte er seinen Kopf an meine Schulter.

 

Noch vor einiger Zeit hätte mich das verunsichert. Hätte ich gedacht, ich müsse „funktionieren“, professionell wirken, unabhängig sein. Heute denke ich: Rollenklarheit heißt für mich nicht, jede Rolle fein säuberlich von der anderen zu trennen. Es heißt vielmehr, zu wissen, wann ich welche Rolle bewusst einnehme – und welche ich sowieso immer mit mir trage.

 

Es gibt Rollen, in die schlüpfe ich hinein – und wieder hinaus. Die Organisatorin. Die Empathie-Geberin. Die Vorstandsvorsitzende. Ich erfülle diese Rollen für einen bestimmten Moment, eine Aufgabe, ein Ziel. Und dann lege ich sie auch wieder ab – mit gutem Gefühl.

 

Und es gibt Rollen, die begleiten mich dauerhaft – sichtbar oder unsichtbar. Die Mutterrolle zum Beispiel. Nicht nur, weil mein Kind mich manchmal bis ans Redepult begleitet, sondern weil sie meine Haltung, mein Tun, meine Entscheidungen prägt. Sie ist nicht begrenzt auf bestimmte Räume oder Uhrzeiten. Sie ist Teil meiner Identität.

 

An diesem Abend konnte ich beides sein: engagierte Vereinsvertreterin und präsente Mutter. Nicht, weil ich es perfekt geplant hatte – sondern weil ich mir erlaubt habe, beides nebeneinander bestehen zu lassen.

 

Ich wünsche mir mehr Räume, in denen das selbstverständlich sein darf. In denen Rollen nicht gegeneinander ausgespielt werden bzw. werden müssen. In denen Menschen nicht zwischen „ganz oder gar nicht“ wählen müssen. Sondern ganz da sein dürfen – mit allem, was sie mitbringen.

 

Rollenklarheit ist kein fertiger Zustand. Sie ist lebendig. Und manchmal zeigt sie sich genau in solchen Momenten – wenn ich spüre: Genau so darf es jetzt sein.

 

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Fotos: Wolfram Schubert / BürgerStiftung Erfurt 🙏

 

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