Seit einiger Zeit denke ich intensiv darüber nach, welche Gruppen in meinem Leben eine Rolle spielen und wie ich in diesen Gruppen verankert bin. Es ist, als ob ich Schicht für Schicht abtragen müsste, um zu verstehen, wo ich wirklich ankomme und welche Rollen ich dabei einnehme – und ob sie mir überhaupt entsprechen.
Manchmal sehe ich mich selbst in einer Gruppe und frage mich: Bin ich hier gerade wirklich *ich*? Bin ich hier, weil ich in dieser Gruppe eine echte Verbindung fühle, oder halte ich nur eine Rolle aufrecht? Es ist verblüffend, wie oft ich diese Frage in letzter Zeit an mich stelle. Je tiefer ich schaue, desto klarer wird mir, dass es viele Situationen gibt, in denen ich unbewusst versuche, Erwartungen zu erfüllen – Erwartungen, von denen ich nicht einmal weiß, ob sie wirklich von anderen kommen oder nur aus mir selbst. Vielleicht habe ich mir diese Strenge irgendwann als Schutzschild zugelegt. Eine Möglichkeit, mich nicht zu sehr auf andere einzulassen und so den Raum zu bewahren, den ich innerlich so sehr brauche.
In manchen Gruppen nehme ich unbewusst die Rolle des Strengen ein, desjenigen, der „für Ordnung sorgt“ und darauf achtet, dass alles klar und geregelt ist. Diese Rolle hat eine tiefere Bedeutung für mich. Sie gibt mir das Gefühl, Kontrolle zu behalten und Übersicht zu haben, gerade wenn ich mich innerlich unsicher fühle. Wenn ich den „Strengen“ spiele, habe ich das Gefühl, die Richtung vorgeben zu können, Orientierung zu schaffen und auch einen gewissen Schutz zu haben – für mich und für die Gruppe. Es ist ein bisschen, als würde ich durch diese Rolle meine eigene Sicherheit wahren, und vielleicht auch verhindern, dass Chaos oder Unklarheit aufkommen, die mich selbst überfordern könnten.
Manchmal übernehme ich diese Rolle aber auch ganz bewusst, gerade weil mir die Sache enorm wichtig ist. Wenn mir etwas wirklich am Herzen liegt, wenn die Themen von Bedeutung sind und ich den Eindruck habe, dass es darauf ankommt, übernehme ich die Strenge fast schon gern. Dann will ich alles „richtig“ machen und darauf achten, dass nichts übersehen wird. In diesen Momenten ist mir oft so ernst, dass mir die Leichtigkeit abhandenkommt. Es fühlt sich dann an, als müsste ich alles im Blick haben, als wäre jeder Fehler, jede Unsicherheit ein Risiko, das ich nicht eingehen will. Ich habe in diesen Situationen den Anspruch, für alle Klarheit zu schaffen, auch wenn das bedeutet, dass ich selbst die lockere Seite verliere, die ich mir eigentlich wünsche.
Doch ich frage mich zunehmend, ob ich diese Strenge nicht auch loslassen könnte – ob ich es zulassen kann, dass nicht alles perfekt läuft, dass auch mal etwas Ungeordnetes, vielleicht sogar Chaotisches Platz finden darf. Denn in mir spüre ich auch das Bedürfnis nach Leichtigkeit, danach, die Menschen um mich herum nicht nur durch Struktur zu unterstützen, sondern sie in ihrer Menschlichkeit, mit ihren Eigenheiten und vielleicht auch mit ihren Schwächen anzunehmen. Mir wird klar, dass diese innere Spannung zwischen meinem Bedürfnis nach Klarheit und meiner Sehnsucht nach Verbundenheit ein Weg ist, den ich beschreiten möchte, um beides in Balance zu bringen.
Dann gibt es da noch die Gruppen, in denen ich gern dazugehören würde, aber es (noch) nicht tue. Warum? Manchmal halte ich mich selbst zurück, aus Sorge, dass ich mit meiner Strenge die Offenheit und Leichtigkeit der anderen störe. Vielleicht trage ich auch die Angst in mir, dass ich nicht wirklich reinpasse – dass ich zu viel oder zu wenig bin, nicht *locker* genug oder zu ernsthaft. Es ist ein Spannungsfeld aus dem Wunsch nach Nähe und der Angst davor, wirklich gesehen zu werden. Doch auch wenn ich mir wünsche, dass es anders wäre, gibt es gute Gründe dafür, dass ich noch zögere: die Angst, verletzt zu werden oder das Gefühl, meine eigene Identität nicht genug schützen zu können, wenn ich mich ganz auf eine neue Gruppe einlasse.
Diese Ängste und Zweifel sind vielleicht der Schutz, den ich mir in der Vergangenheit aufgebaut habe, um mich nicht zu verlieren. Doch in letzter Zeit spüre ich den Wunsch, diesen Schutz behutsam abzulegen und stattdessen mehr Vertrauen in mich und in andere zu finden. Die Vorstellung, mich in einer Gemeinschaft so zu zeigen, wie ich bin – mit all meinen Stärken und Schwächen – ist herausfordernd, aber auch unglaublich befreiend. Denn ich weiß, dass ich tief in mir das Bedürfnis habe, in Gruppen anzukommen, die mich genau so akzeptieren, wie ich bin, ohne dass ich mich verbiegen oder beweisen muss.
Vielleicht ist das der Weg, der mir zeigt, welche Gruppen mir wirklich guttun und wo ich wirklich ich selbst sein kann. Es ist ein Weg, der Geduld und Selbstannahme verlangt, aber ich spüre, dass er mich zu einem neuen Verständnis von Zugehörigkeit führt. Zugehörigkeit, die nicht nur von mir erwartet, perfekt zu sein, sondern die das Menschliche in mir und anderen wertschätzt – in all seinen Facetten.
Ich habe das Gefühl, dass dieser Prozess Zeit braucht. Aber vielleicht ist diese Reise die größte Form der Selbstfürsorge, die ich mir selbst geben kann.
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